Zur Einbringung der untenstehenden Petition im Nationalrat haben sich zahlreiche Initiativen aus ganz Österreich zur parlamentarischen Bürgerinitiative Stopp Straßenbau zusammengeschlossen.

Die von 946 Personen unterstützte Bürgerinitiative wurde am 28.9.2023 im Parlament eingebracht und auf der Parlamentsseite veröffentlicht.

Bitte setzt jetzt ein Zeichen bei der Politik mit Eurer Unterstützungserklärung. Als Initiative oder selbst vom Straßenbau Betroffene:r bringt auch Eure eigene Stellungnahme ein, um Eure persönlichen Anliegen deutlich sichtbar zu machen.

Durch die Blume gesagt: Straßenbau gefährdet unser Leben.

Im Rahmen eines persönlichen Treffens mit dem Vorstand des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen verdeutlichten die Initiativen am 22.11.2023 anhand einer speziell gestalteten Plastikblume und nachstehender Botschaft die verheerenden gesundheitlichen Gefahren, denen Mensch und Natur durch den überbordenden Straßenverkehr weitgehend schutzlos ausgeliefert ist.

Teilnehmende Organisationen

Weitere Organisationen, die sich beteiligen wollen, sind jederzeit willkommen, bitte in dem Fall um Kontaktaufnahme per Email unter info@verkehrswende.at.

Petition Stopp Straßenbau

Zum Schutz der Bevölkerung vor eklatanten Gesundheitsrisiken zufolge straßenverkehrsbedingter Umweltgifte in Luft, Boden und Wasser fordern wir die Politik zu einem sofortigen Stopp im Straßenbau auf.

Nach den Plänen von Stadt, Land und Bund soll 2022 auf diesem gesunden Fleckchen Erde eine vierspurige Schnellstraße errichtet werden

Selbst engagiert für eine gesunde Umwelt? Bitte jederzeit Kontakt aufnehmen! Zur Einbringung der Petition in Eurer Region unterstützen wir Euch bei der Kampagne und mit der Bereitstellung von Unterschriftenlisten.

An wen richtet sich diese Petition?

Gemeinsam mit den betroffenen Initiativen und Vereinen aus ganz Österreich wenden wir uns an alle zuständigen politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger von Bund, Ländern und Gemeinden.

Warum ist das wichtig?

Seit Jahrzehnten sind gravierende Risiken und schädliche Auswirkungen von Reifenabrieb in Form von Mikro- und Nanoplastik auf Tier und Mensch bekannt. Spätestens seit 1977 [Spiegel2004] werden deswegen immer neue umweltfreundliche Gummimischungen beworben, bis heute gibt es sie nicht. Stattdessen ist der Straßenverkehr heute der mit Abstand größte Verursacher von Mikroplastik in der Umwelt [Fraunhofer2018] – einschließlich der Meere [Guardian2020]. Alleine aufgrund des europäischen Straßennetzes fallen Jahr für Jahr über 1,3 Millionen Tonnen Reifenabrieb [Wagner2018] in der Umwelt an.

Ein seit Jahrzehnten bekanntes massenhaftes Fischsterben konnte nun zweifelsfrei dem Reifenabrieb zugeordnet werden [Tian2021]. Die unmittelbar an der Straße nachgewiesene tödliche Kettenreaktion, die dieses Massensterben auslöst, ist nun bloß ein „wissenschaftlicher Glücksfall“. Es gibt beliebig viele weitere physikalisch-chemische Prozesse, die nicht minder gefährlich sind und nach Freisetzung von unzähligen chemischen Stoffen aus Kfz-Reifen in unserer Umwelt teils innerhalb von Minuten, teils über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg völlig unkontrolliert und unkontrollierbar ablaufen.

Neueste Untersuchungen zum massiven Feldhasenschwund in Österreich zeigen, dass das Verdauungssystem dieser Tiere aufgrund von Mikroplastik und anderen Umweltgiften in den Böden inzwischen so stark geschädigt ist, dass sie daran sterben [HornekGausterer2021]. Da Feldhasen auf und von jenen Agrarflächen leben, die auch ein essenzieller Teil unserer Nahrungskette sind, ist ohne jeden Zweifel davon auszugehen, dass inzwischen auch die menschliche Gesundheit akut bedroht ist.

Reifen- und Bremsabrieb enthält hochgiftige Schwermetalle aus dem auch für den Menschen krebserregende Stoffe hervorgehen [Köllner2021]. Andere endokrin disruptiv wirkende Stoffe können wiederum zur Unfruchtbarkeit führen [Preuk2019]. Die giftige Mischung aus diesen und unzähligen weiteren Stoffen schädigt und tötet nicht nur wild lebende Tierarten, sondern wohl auch uns Menschen: Sie gelangt entlang von Straßen durch Versickerung ins Grundwasser und damit auch in unser Trinkwasser. Über zunehmend verschmutzte Felder und Wiesen werden immer mehr giftige Substanzen von Pflanzen und Tieren aufgenommen und gelangen so über unsere Nahrung in unseren Körper [Baensch2020]. Etwa 2% hinreichend kleiner lipophiler Stoffe kann laut [Fricker2019] sogar bis in unser Gehirn gelangen – mit einer völlig unabsehbaren und potentiell schwerwiegenden Schadwirkung auf die menschliche Gesundheit [Ciel2019].

Die tödliche Wirkung von Mikroplastik ist für andere Wirbel- und Säugetiere bereits nachgewiesen, beim Menschen werden die möglichen Zusammenhänge mit einem drastischen Anstieg bestimmter neurologischer Krankheiten gerade erforscht [Mass2020].

Neben den nunmehrigen eindeutigen Hinweisen auf gesundheitliche, potentiell lebensbedrohliche Beeinträchtigungen durch Reifenabrieb werden sehenden Auges auch weitere schwerwiegende Schäden an Mensch und Natur in Kauf genommen: auto- statt menschengerechte Städte und Siedlungsräume, überbordende Platz- und Ressourcenverschwendung, das Zerschneiden ganzer Landschaften, omnipräsenter Verkehrslärm, giftige Abgase, Verstärkung der Klimakrise, Bodenversiegelung – in Summe gesehen ein immer weiter voranschreitender Verlust an unseren wichtigsten Lebensgrundlagen.

Unter den gegebenen Umständen weiterhin am Straßenbau festzuhalten, bedeutet eine bewusste Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung und eine massive weiterführende Schädigung der Natur. Mit unserer Petition fordern wir daher die Politik auf, in einer ersten Sofortmaßnahme den Bau neuer Straßen unverzüglich einzustellen. Die Bundespolitik ist auch dazu angehalten, auf EU- und internationaler Ebene den verbindlichen Ausstieg aus dem Ausbau des Straßenverkehrsnetzes zu forcieren.

Es ist höchste Zeit für eine echte Verkehrswende.

>>> weiterführende Informationen ansehen unter Tödlicher Reifengummi.

Österreichs Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt

Stellungnahme zur Petition Stopp Straßenbau

Neue Straßen bewirken neuen Verkehr. Verkehr hat nachteilige Gesundheitsauswirkungen durch Unfälle mit Verletzungsrisiko, sowie durch die Emission von Lärm, Luftschadstoffen und Treibhausgasen.

Wir konnten in mehreren Studien belegen, dass Schadstoffe, die für Verkehrsabgase typisch sind, das Sterberisiko und verschiedene Krankheiten signifikant erhöhen. Unsere neueste Studie aus Wien zeigte, dass an Tagen mit höherer Stickstoffdioxid-Belastung auch das Übertragungsrisiko für SARS-CoV-2 angestiegen ist.

Straßenverkehrslärm wurde im Auftrag der WHO (Europabüro) im Jahr 2018 neu bewertet. Bereits ab tageszeitgewichteten Dauerschallpegeln von 53 dB(A) beobachtet man einen Anstieg des Risikos für ischämische Herzerkrankungen (Herzinfarkte), wobei das Risiko je Anstieg um 10 dB um ca. 8% zunimmt.

Angesichts dieser Erkenntnisse ist die Planung weiterer hochrangiger Straßen grundsätzlich kritisch zu sehen.

Doz. Dr. Hanns Moshammer und Ass.-Prof. PD DI Dr. Hans-Peter Hutter
Vorsitzende der ÄGU – Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt

Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt untertützen die Petition Stopp Straßenbau

Referenzen

[Baensch2020] Baensch-Baltruschat et al (2020) Tyre and road wear particles (TRWP) – A review of generation, properties, emissions, human health risk, ecotoxicity, and fate in the environment
Link: https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2020.137823

[Ciel2019] Plastic&Health – The Hidden Costs of a Plastic Planet
Link: https://www.ciel.org/wp-content/uploads/2019/02/Plastic-and-Health-The-Hidden-Costs-of-a-Plastic-Planet-February-2019.pdf

[Fraunhofer2018] Fraunhofer Umsicht (2018) Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik
Link: https://www.umsicht.fraunhofer.de/content/dam/umsicht/de/dokumente/publikationen/2018/kunststoffe-id-umwelt-konsortialstudiemikroplastik.pdf

[Fricker2019] Fricker G. (2019) Blut-Hirn-Schranke: Wie Arzneistoffe die Barriere überwinden. Pharmazeutische Zeitung online, Ausgabe 28/2019
Link: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-282018/wie-arzneistoffe-die-barriere-ueberwinden/

[Guardian2020] The Guardian (2020) Car tyres are major source of ocean microplastics – study
Link: https://www.theguardian.com/environment/2020/jul/14/car-tyres-are-major-source-of-ocean-microplastics-study

[HornekGausterer2021] Hornek-Gausterer R. et al. (2021) A preliminary study on the detection of potential contaminants in the European brown hare (Lepus europaeus) by suspect and microplastics screening
Link: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666765721000168

[Köllner2021] Köllner Ch. (2021) Unterschätzte Umweltgefahr Reifenabrieb
Link: https://www.springerprofessional.de/fahrwerk/schadstoffe/unterschaetzte-umweltgefahr-reifenabrieb-/15490524

[Mass2020] Mass E (2020) How much plastic is too much for our brain? PRj 6: 8–11 ERC Starting Grant NanoGlia / EDMA
Link: https://edition.pagesuite-professional.co.uk/html5/reader/production/default.aspx?pubname=&edid=eccee132-71e9-4f85-9676-c69f115a469b&pnum=8

[Preuk2019] Preuk M. (2019) Plastik gefährlicher als gedacht
Link: https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/hormone/plastik-noch-riskanter-als-gedacht-jeder-ist-damit-belastet-so-gefaehrlich-sind-umwelthormone_id_10934785.html

[Spiegel2004] Spiegel (2004) Gift im Reifen – Gefahr auf weichen Sohlen
Link: https://www.spiegel.de/auto/werkstatt/gift-im-reifen-gefahr-auf-weichen-sohlen-a-322806.html

[Tian2021] Zhenyu Tian et al (2021) A ubiquitous tire rubber–derived chemical induces acute mortality in coho salmon, DOI: 10.1126/science.abd6951
Link: https://science.sciencemag.org/content/371/6525/185

[Wagner2018] S. Wagner, T. Hüffer, P. Klöckner, M. Wehrhahn, T. Hofmann, T. Reemtsma (2018) Tire wear particles in the aquatic environment – a review on generation, analysis, occurrence, fate and effects Water Res., 139, pp. 83-100
Link: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0043135418302471