Feldfrevel ist kein Kavaliersdelikt

Im Zuge von Straßenbauarbeiten wurde in St. Pölten entlang eines bisherigen Feldweges Feldfrevel begangen. Verkehrswende.at hat Anzeige erstattet.

Feldfrevel ist das unbefugte Gebrauchen, Verunreinigen, Beschädigen oder Vernichten fremden Feldgutes sowie das unbefugte Entziehen oder Zueignen fremden Feldgutes.

NÖ Feldschutzgesetz [1]

Die Strafbedingungen sind gesetzlich verankert, denn Feldfrevel ist kein Kavaliersdelikt [2].

Straßenbau: Besitzstörung und Feldfrevel in St. Pölten

Obiges Bild zeigt die mittels des langen Pflocks gekennzeichnete Grundstücksgrenze. Die Grenzsteine und Teile der Feldfrucht wurden einfach zugeschüttet. Die Schädigung erstreckte sich entlang mehrerer Äcker bis ca. 1m über die Grundstücksgrenze hinweg, insgesamt vier Bauern waren betroffen. Weder vorab noch während der Durchführung wurden die Betroffenen über die verhängnisvollen Bauarbeiten informiert. Begangen wurde der Feldfrevel zwischen August und September 2021 von einem international führenden Straßenbau-Unternehmen. Offenbar erfolgte die Umsetzung in enger Abstimmung mit der Stadt St. Pölten.

Wissenschaftliche Studien haben inzwischen zweifelsfrei zutage gefördert, dass straßenverkehrsbedingte Abriebe unabsehbar hohe Gesundheitsrisiken [3] mit sich bringen.

Die politisch Verantwortlichen St. Pöltens wurden heuer deutlich vor Baubeginn ausführlich und nachweislich über die Gefährdung für die menschliche Gesundheit über die Nahrungskette informiert, u.a. im Rahmen eines Events am Rathausplatz [4]. In diesem Sinn ist es weder nachvollziehbar noch akzeptabel, dass in St. Pölten direkt an die Lebensmittelproduktion angrenzende Feldwege weiterhin achtlos asphaltiert und versiegelt werden.

Von nun an gelangen durch diese Sorglosigkeit hochproblematische Stoffe in die Umwelt und in die Nahrungskette.

Grünstreifen: Essenzielle Pufferzone für gesunde Lebensmittelproduktion

Bewährt und essenziell: Grünstreifen als Pufferzone zwischen Feldweg und Acker

Besondere Beachtung ist in dem Fall auf die vorsätzliche Elimination des bisher vorhandenen Grünstreifens zu lenken. Dieser hat am bisherigen Feldweg für eine eine wirkungsvolle Abmilderung der vom bisher minimalen Verkehrsaufkommen an den Fahrbahnrändern anfallenden Schadstoffen gebracht.

Geht es nach den Verantwortlichen so sollen die Schadstoffe und Fahrbahnabwässer künftig ungefiltert und direkt in die Lebensmittelproduktion gelangen. Die handelnden Personen sind damit auch für eine Gefährdung der Gesundheit der Konsumenten und Konsumentinnen verantwortlich zu machen.

Zudem wird der Ertrag des Feldes nachhaltig beeintächtigt, da auch Streusalz in einem weitaus höheren Ausmaß als bisher in die landwirtschaftlichen Nutzflächen gelangt – das alles geht auf Kosten der Bauern und stellt unserer Überlegung nach einen dauerhaft wirksamen Feldfrevel dar.

Giftige Dämpfe und Aerosole

Nach Einschätzung von Verkehrswende.at ist Feldfrevel auch dadurch gegeben, dass mitten während der Erntezeit längs der Felder asphaltiert wird, wodurch erwiesenermaßen krebserzeugende und sonstige giftige Dämpfe und Aerosole [5] freiwerden, die je nach Windsituation mehr oder weniger große Teile der Ernte kontaminiert haben.

Sauberer Bahndamm, kontaminierte Äcker

Auf der den Ackerflächen abgewandten Seite befindet sich ein Bahndamm, also ein landwirtschaftlich nicht genutzter Bereich. Die Sorgfalt der Ausführung gebietet, die Querneigung der Fahrbahn so festzulegen, dass die Fahrbahnabwässer Richtung Bahndamm ablaufen.

Das genaue Gegenteil ist geschehen:

Die Projektverantwortlichen haben sich dafür entschieden, den dringend erforderlichen Grünstreifen einfach wegzulassen. Die Projektverantwortlichen haben die Querneigung der Straße so festgelegt, dass die kontaminierten Abwässer von der Straße auslegungsgemäß dauerhaft in die Felder der Bauern eingeleitet werden. Dort gelangen die gefährlichen Schadstoffe über den Boden in die darauf wachsenden Nutzpflanzen.

Gemeingefährdung ?

Die Projektverantwortlichen gefährden somit permanent fremdes Eigentum und verursachen eine andauernde Gefährdungslage für Leib und Leben einer großen Anzahl von Menschen.

Strafbar macht sich, wer vorsätzlich (§ 176) oder fahrlässig (§ 177) eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeiführt.

Vorsätzliche und fahrlässige Gemeingefährdung nach dem Österreichischen Strafgesetzbuch [6].

Feldfrevel ist kein Kavaliersdelikt: Im Jahr 2021 muss sich jede in verantwortlicher Position handelnde Person der Tatsache bewusst sein, dass von den in Fahrbahnabwässern enthaltenen Schadstoffen über die Nahrungskette eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit ausgeht.

Spätestens mit dem nunmehr zur Anzeige gebrachten Feldfrevel müssen sämtliche Straßenbauer und die involvierten Fachabteilungen auf Stadt-, Landes-, und Bundesebene sich darüber im Klaren sein, dass Feldwege ein wesentliches Element bei der Produktion sicherer und gesunder Nahrungsmittel darstellen [7].
Jedes künftige Projekt, bei dem die menschliche Gesundheit in einer vergleichbaren Art und Weise gefährdet wird, wird mit diesem Wissen zweifellos dem Straftatbestand einer vorsätzlichen Gemeingefährdung zuzuordnen sein.

Weiterführende Informationen

[1] NÖ Feldschutzgesetz, LGBl. 6120-0
[2] Gesetzlicher Feldschutz – Die wichtigsten Bestimmungen
[3] Tödlicher Reifengummi
[4] Der Ruf der Wachtelköniginnen
[5] Dämpfe und Aerosole aus Bitumen bei der Heißverarbeitung
[6] Wikipedia – Gemeingefährdung
[7] Feldwege bewahren