Kundgebung gegen die Transitschneise durchs Waldviertel

Wer blickt hier durch? Fotocredit: Barbara Krobath

Am 12.12. 2019 zwischen 10:30 und 12:00 fand am Landhausplatz in St. Pölten eine von der Plattform Lebenswertes Waldviertel organisierte Kundgebung mit etwa 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt.

Gegen Ende der Veranstaltung sorgte der Besuch von Verkehrslandesrat Schleritzko für Aufsehen, der alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung einzeln persönlich begrüßte und am Ende des offiziellen Teils der Veranstaltung auch Stellung zur Einleitung der zweijährigen, und – wie er betonte – ergebnisoffenen strategischen Prüfung zur Europaspange bezog.

Initiativenvertreter und Gastredner wurden vom Verkehrslandesrat kurzerhand auch ins Landhaus zu einer persönlichen Vorstellungssrunde eingeladen, in deren Rahmen ein weiterführender Kontakt und Austauch von allen Seiten begrüßt wurde.

Vom Büro des Landesrates wurde im Anschluss an die Vorstellungsrunde auch der das Projekt betreffende Antrag des Verkehrsausschusses zur weiteren Verwendung übergeben.

Redebeitrag der Verkehrswende NÖ im Wortlaut

Jeder von uns weiß, dass man mit der Strategie, das Bahnnetz auszudünnen, neue Straßen und dritte Pisten zu bauen, die Welt unserer Kinder mit Vollgas an die Wand fährt.

Es ist ein bemerkenswertes Zeichen von Hilflosigkeit, in Österreich den nationalen Klimanotstand auszurufen, weiterhin an für Mensch und Umwelt verheerenden Infrastrukturprojekten festzuhalten, und dann auch noch von einer unfairen Bewertung zu sprechen, wenn uns von allen Seiten im Klimaschutz ein vernichtenderes Zeugnis ausgestellt wird.

Lebensraum statt Stauraum. Fotocredit: Barbara Krobath

Wenn unsere Regierungsverantwortlichen bei Kritik am Klimaschutz auf ein engagiertes Plastiksackerlverbot im Supermarkt verweisen, dann ist klar, dass uns allen Sand in die Augen gestreut wird. Wieder und wieder werden wir in unserer Wahrnehmung auf Nebenschauplätze gelockt.

Liebe Leute! Wir haben natürlich auch im privaten Konsum darauf zu achten, wo immer es geht, auf Plastik zu verzichten, aber mehr als 50% des Mikroplastiks in der Umwelt stammt vom Autoverkehr.

Besonders schlimm, dass Politik, Wirtschaft und Industrie genauestens darüber Bescheid weiß und dennoch darüber schweigt…

weil niemand auch nur die geringste Idee hat, wie dieses riesige Autostraßenproblem auf absehbare Zeit gelöst werden kann:

  • Mikroplastik vom Reifenabrieb
  • Mikroplastik vom Asphalt
  • Mikroplastik von den Fahrbahnmarkierungen
  • Plastikmüll, der durchs Autofenster einfach in die Natur entsorgt wird
Ein Gebot der Stunde. Fotocredit: Barbara Krobath

Mikroplastik, das im Autoland Österreich nun auch ein unauslöschlicher Bestandteil der Waldviertler Erde werden soll.

Wir brauchen keine neuen Straßen, die unsere Dörfer und Lebensräume zerschneiden, gesunde Erde schädigen und unter sich begraben.

Wir brauchen keine neuen Straßen, die das Klima noch weiter erhitzen und unsere Luft verpesten.

Benennen wir das Kind beim Namen: Der Straßenverkehr ist Österreichs allergrößtes Problem im Klima- und Umweltschutz.

Nicht mit dem Supermarkt-Plastiksackerl, sondern vielmehr mit dem Auto, auf das wir wegen unzureichender öffentlicher Verkehrsangebote angewiesen sind, zerstören wir Tag für Tag unsere eigenen Lebensgrundlagen.

Aus Sicht der Verkehrswende NÖ, für die ich hier stehe und spreche, geht es nicht darum, Schuldige für diesen Missstand zu suchen.

Ein zukunftsfähiger Niederösterreichischer Kulturraum braucht keine neuen Straßen, sondern innovative menschen- und klimagerechte Mobilitätsangebote abseits des motorisierten Individualverkehrs.
Illustration: Greenpower

Es geht darum, dass wir gemeinsam eine Wende in der Verkehrs- Umwelt- und Klimapolitik herbeiführen und alles daran setzen, die guten Geister unseres Landes zu versammeln.

Wir wollen zukunftsweisende Wege abseits des automobilen Wahnsinns aufzeigen.

Wir wollen ein Einlenken in Österreichs Verkehrs- und Klimapolitik erreichen.

Statt noch mehr Autostraßen brauchen wir in Niederösterreich dringend ein durchgängiges regionales Bahnnetz und ein diskriminierungsfreies Mobilitätsangebot für alle Menschen.

Wir brauchen eine Regionalentwicklung, die kleinräumige Kreisläufe fördert, um wieder kurze Wege per Rad und zu Fuß zu ermöglichen.

Die Fridays for Future Bewegung hatte in St. Pölten ihre allererste Kundgebung am 1. März 2019. Damals wurde die neue Bewegung von politischer Seite gänzlich ignoriert.

Binnen weniger Monate hat sich das Blatt komplett gewendet: die wissenschaftliche Gemeinschaft steht quasi geschlossen hinter der Jugendbewegung und auch die wahlwerbenden Parteien wissen, dass man sich mit Ignoranz und abschätzigem Verhalten gegenüber Umwelt- und Klimaschutzbewegungen mittlerweile selbst ins politische Abseits stellt.

Noch vor einem Jahr wäre es undenkbar gewesen, dass sich die Bundes-ÖVP im Umwelt- und Klimaschutz einer Argumentation und einer Sprache bedient, die wir unzweifelhaft dem durchschlagenden Erfolg einer engagierten Jugendbewegung zu verdanken haben.

Im Bild. Fotocredit: Barbara Krobath

Ich zitiere im Wortlaut:

„Der Schutz unseres Klimas und unserer Umwelt geht uns alle an. Unsere größten Errungenschaften bringen uns wenig, wenn wir entlang des Weges unseren Planeten und unsere Umwelt zerstören. Deshalb wollen wir als neue Volkspartei klimafreundliche Maßnahmen für Mensch und Natur setzen, um Österreich bis 2045 CO2 neutral zu machen. Um dies zu schaffen, braucht es einen umfassenden nationalen Schulterschluss.“

Nationaler Schulterschluss für Klima und Umwelt!

Lasst uns jetzt alles daransetzen, die politisch Verantwortlichen dazu zu bewegen, diesen Schulterschluss wahr werden zu lassen und den Worten Taten folgen zu lassen.

Bekennen wir uns zu einem Schulterschluss, zu dem uns die Politik aufruft.

Nur in einem konstruktiven Miteinander können wir die Wende in Richtung einer zukunftsfähigen Gesellschaft herbeiführen.

Was können die politisch Verantwortlichen tun, um Umwelt- und Klima zu schützen?

Kultur: Generation für Generation. Fotocredit: Barbara Krobath

Gesetze beschließen? Förderungen für klimafreundliche Maßnahmen? Mit gutem Beispiel vorangehen?

Ja! AUCH all das, ABER:

Zuallererst geht es darum, den Teufelskreis im Straßenverkehr zu beenden, indem das menschen- und klimaschädliche Monster nicht mehr mit neuen Straßen belohnt und gefüttert wird.

Und was können WIR tun, um Umwelt und Klima zu schützen?

Arbeiten wo wir leben – leben, wo wir arbeiten? Konsum eindämmen? Autos stehenlassen? Nach dem Motto David gegen Goliath den Rechtsweg beschreiten? Mit Kundgebungen unserer Sorge Ausdruck verleihen?

Wir können all das tun, aber auch noch viel mehr:

Gemeinsam können wir uns zu einem unübersehbaren zivilgesellschaftlichen Netzwerk verbünden, um die politschen Eliten endlich dazu zu bringen, entschieden gegen jedes einzelne klimaschädliche Infrastrukturprojekt vorzugehen.

Verkehrslandesrat Schleritzko begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Fotocredit: Barbara Krobath

Wir sind die, die hier draußen stehen. Wir sind aber auch die, die als kleines Rädchen in einer kollabierenden Wachstumsgesellschaft arbeiten. Wir sind die Zivilgesellschaft. Wir sind aber auch die Gewerbetreibenden, wir sind auch die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger.

Jede und jeder von uns hat in der eigenen Sphäre die Macht, an seiner ganz persönlichen Schraube am System zu drehen, um eine Kehrtwende in Niederösterreichs Verkehrs- und Klimapolitik herbeizuführen. Seid aufmerksam und spielt Eure Karten mit Bedacht aus. Vieles steht in Eurer Macht, und über Wenige ist jeder und jede Einzelne von Euch bestens mit der gesamten Welt vernetzt.

Nutzt Eure Möglichkeiten und sprecht es aus:

Wir brauchen keine Milliarden für den Straßenbau.

Wir brauchen ein ganz klares politisches Bekenntnis Niederösterreichs, unseren Nachfahren eine überlebensfähige Kultur zu hinterlassen.

Vielen Dank!
Dieter Schmidradler

Medienberichte:

Homepage des Veranstalters: Plattform Lebenswertes Waldviertel